Bundesministerin Svenja Schulze besucht Ketteler-Berufskolleg in Münster

Wie kann die Attraktivität der Berufsausbildung erhöht werden? Das war eine der zentralen Fragen beim gestrigen Besuch von Bundesministerin Svenja Schulze (SPD) am Wilhelm-Emmanuel-von-Ketteler-Berufskolleg in Münster. Dort traf sich Schulze mit Schüler*innen und Lehrkräften, um sich über die Situation der dualen Ausbildung in handwerklich technischen und agrarwirtschaftlichen Berufen zu informieren.

In einzelnen handwerklich technischen Ausbildungsberufen der Bau- und Fahrzeugtechnik sowie der Agrarwirtschaft werden seit vielen Jahren zu wenig junge Facharbeiter ausgebildet.

Allerdings ist eine Berufsausbildung für viele junge Menschen heutzutage nicht mehr so attraktiv wie noch vor einigen Jahren. Oftmals wird die Lehre als minderwertig im Vergleich zu Abitur und Studium empfunden. Daher entscheiden sich vor allem Abiturienten und Fachabiturienten oft dagegen.

Die Schüler*innen des Ketteler-Berufskollegs machten im Gespräch mit der Ministerin aber deutlich, wie spannend und abwechslungsreich ihre angestrebten Berufe sind. Sämtliche Vorurteile gegen eine Berufsausbildung entsprächen nicht der Realität. Und: Ohne die praktischen Berufe, in denen sie hier am Ketteler-Berufskolleg in Münster ausgebildet werden, laufe in der Gesellschaft eigentlich nichts: Maurer*innen bauen Häuser, Straßenbauer*innen sorgen für eine gute Infrastruktur, Landwirt*innen produzieren gesunde Nahrungsmittel, die auf unseren Tischen landen, Tischler*innen bauen Möbel und die Fahrzeugtechnik stellt sicher, dass wir Menschen mobil bleiben.

Auf die häufig gestellte, abwertende Frage „Warum machst du denn eine Ausbildung?“ haben die Azubis passende Antworten parat. Die Lehre macht ihnen Spaß und sie haben das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun. „Hier in der Schule und auf dem Betrieb muss ich mich nicht rechtfertigen, dass ich die Arbeit in der Landwirtschaft toll finde und auch gerne Trecker fahre,“ bemerkte eine Schülerin. Hier ist sie unter Gleichgesinnten und fühlt sich wohl.

Einige Schüler*innen der Gesprächsrunde kamen aber auch erst über Umwege zur Lehre, machten erst Abitur, studierten dann und sind nun glücklich „endlich den Beruf gefunden zu haben, der mir Freude macht!“

Eine Schülerin: „Zum ersten Mal macht mir die Schule Spaß, da ich hier etwas lerne, was mich interessiert und was ich für meinen Beruf benötige. Wir haben hier gute Lehrer, aber die Rahmenbedingungen sind manchmal schwierig.“ Das Schulgebäude platzt aus allen Nähten! Es gibt keine Aufenthaltsmöglichkeiten für Schüler*innen außerhalb des Unterrichts und in Pausen. „Für modernen und handlungsorientierten Unterricht braucht es mehr als nur Klassenräume,“ so eine Lehrkraft. „Schüler*innen in unseren Berufen lernen praktisch, mit Hand und Verstand. Dafür braucht es mehr und bessere Laborräume. Das Berufskolleg darf nicht am Ende einer technischen Innovation stehen, sondern muss vorne sein.“ 

„Die duale Berufsausbildung ist klasse,“ da waren sich alle im Gespräch einig. Eine gute Mischung aus praktischer Arbeit im Betrieb und dem Lernen mit gleichaltrigen Mitschüler*innen in der Schule. „Für mich ist der Austausch mit anderen Auszubildenden in der Schule sehr wichtig! Aber,“ so ein weiterer Schüler, „die Organisation der Ausbildung ist viel zu kompliziert. Manchmal ist die Kammer zuständig, dann wieder die Schule oder der Betrieb. Da geht es um Anmeldungen, Anträge und Bescheinigungen. Das sind manchmal ganz schön große Hürden. An der Uni oder der Fachhochschule ist das einfacher und aus einer Hand organisiert!“

„Ein Bildungscampus wäre richtig gut. Mit einer Verwaltung für alles, Lernräume und Labore sowie einer Mensa für den Mittag. Das würde die Ausbildung viel attraktiver gestalten,“ so der Vorschlag der Schüler aus der Runde, darüber waren sich alle im Gespräch einig. Die Wahrnehmung und das Standing einer Ausbildung in der Öffentlichkeit könnten sich so auch wesentlich verbessern, so dass mehr junge Menschen sich auch frühzeitig für eine duale Berufsausbildung entscheiden.

Ministerin Svenja Schulze zeigte sich beeindruckt von den Vorschlägen der jungen Azubis und bedankte sich am Ende für das interessante, gute, offene und sehr lebendige Gespräch. In ihrer Tätigkeit als Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung werde sie im Ausland häufig auf die vorbildliche duale Berufsausbildung in Deutschland angesprochen. „Die Welt beneidet ums darum, dass es in Deutschland Facharbeiter*innen gibt, die Wasser- und Stromleitungen, Autos und Maschinen fachgerecht reparieren können, wo man in anderen Ländern improvisiert oder sich behilft.“

Ihrer Meinung nach müsse alles getan werden, um die Ausbildung attraktiver zu machen und so dem Fachkräftemangel zu begegnen. Dazu gehören wertschätzende und engagierte Betriebe, aber auch und vor allem modern ausgestattete Berufskollegs, in denen die Schüler*innen die theoretischen und praktischen Grundlagen ihres Berufs in einem geschützten Raum erlernen können.